Vorsorge für den Nachlass
Die Zahl ist gewaltig: 250 Milliarden Euro wurden allein im Jahr 2013 in Deutschland vererbt. Das geht aus einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Postbank hervor. Klar, dass die Finanzbehörden daran einen Anteil haben wollen. Allein im vergangenen Jahr spülte die Erbschaftssteuer insgesamt rund 4,2 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen. Wer wie viel Steuern zahlen muss, hängt unter anderem vom Verwandtschaftsgrad ab.
Der Fiskus räumt jedem Erben einen Freibetrag ein. Erst wenn er diesen überschreitet, werden Steuern fällig. Dabei gilt: Je enger die verwandtschaftliche Beziehung ist, desto mehr kann steuerfrei vermacht werden. "Ehepartner können bis zu 500.000 Euro erben oder schenken, ohne Steuern zahlen zu müssen", sagt Stephanie Zipp von der Zeitschrift Finanztest der Stiftung Warentest. "Kinder können von jedem Elternteil 400.000 Euro erhalten."
Wie hoch die Erbschaftssteuer ausfällt, hängt von zwei Faktoren ab. Neben der Höhe des Betrags spielt ebenfalls der Verwandtschaftsgrad eine wichtige Rolle. So müssen Kinder oder Ehepartner des Verstorbenen wesentlich weniger Erbschaftssteuer zahlen als der Chauffeur, der nach dem Tod des Hausherrn zum Alleinerben wird.
Das Gesetz teilt Erben und Beschenkte in drei Steuerklassen ein: Ehepartner, Kinder und Enkel haben die beste Steuerklasse I. Geschwister, Nichten und Neffen sind in der ungünstigeren Steuerklasse II. Für Onkel, Tanten aber auch langjährige Lebensgefährten und Freunde gilt die Steuerklasse III. So zahlt der Ehepartner für eine Erbschaft, die über der Freigrenze von 500.000 Euro liegt, zwischen 7 und 30 Prozent Steuern. Der Lebensgefährte hingegen muss mindestens 30 Prozent Steuern zahlen, bei einer Freigrenze von gerade mal 20.000 Euro.
Ein Beispiel: Der Partner stirbt und vererbt eine vermietete Immobilie an seine Partnerin. Der Wert liegt bei 550.000 Euro. Ist das Paar unverheiratet, muss die Frau 159.000 Euro Steuern zahlen. Ist das Paar verheiratet, bezahlt sie nur 3.500 Euro Erbschaftssteuer. Wenn sie die Immobilie noch selbst bewohnt, muss sie gar nichts bezahlen. Familienbande können sich also lohnen. Bei einem entsprechenden Wert des Erbes kann daher eine Heirat ein Thema sein, hat Jan Bittler von der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge (DVEV) beobachtet. "Nach einer Beratung haben sich doch einige Paare zum Heiraten entschlossen."
Grundsätzlich gilt: "Wer Erbschaftssteuer sparen will, muss vor dem Tod aktiv werden", erklärt der Fachanwalt. Das Motto heißt dabei: verschenken statt vererben. Zwar wird bei einer Schenkung auch Steuer fällig. Allerdings gibt es einen entscheidenden Vorteil. "Man kann alle 10 Jahre schenken und die Freibeträge erneut ausnutzen."
Bei Immobilien kann sich das lohnen. Früher wurden Häuser und Wohnungen im Erbfall nur mit einem Teil ihres Wertes angesetzt. Heute gilt der Verkehrswert. Dennoch ist der Fiskus großzügig. "Man kann seinem Ehepartner die Immobilie steuerfrei schenken oder vererben", erklärt Anita Käding vom Bund der Steuerzahler. "Man muss nur darin wohnen."
Kinder genießen ähnliche Freiräume. Sie können das Haus steuerfrei übernehmen, wenn die Wohnfläche nicht größer als 200 Quadratmeter ist. "Allerdings müssen die Erben mindestens zehn Jahre darin wohnen, es sei denn, es ist aus zwingenden, objektiven Gründen nicht möglich", sagt Anita Käding. Wer vorher auszieht, muss rückwirkend Steuern bezahlen.
Großzügige Schenker sollten aber sich selbst nicht vergessen. "Wer sein Haus verschenkt, kann sich lebenslanges Wohnrecht einräumen lassen. Und bei einem Miethaus den Nießbrauch", sagt Bittler. So verblieben die Einnahmen in der eigenen Kasse.
Testament alle fünf Jahre überprüfen
Die Errichtung eines Testaments ist der wichtigste Schritt zu einer durchdachten Nachfolgeplanung. Viele Menschen sind froh, wenn sie diesen Punkt abgehakt haben. Ein einmal verfasstes Testament wird deshalb häufig zu den Akten gelegt oder in die amtliche Verwahrung gegeben und dann vergessen – ein Verhalten, das verständlich, aber nicht ratsam ist.
Neue Lebensumstände können dazu führen, dass das vor Jahren errichtete Testament plötzlich nicht mehr dem Letzten Willen des Erblassers entspricht. Ein Beispiel: Der erwachsene Sohn heiratet eine Frau, die sein Vater für verschwenderisch hält. Er möchte auf keinen Fall, dass sie im Wege der Erbfolge einmal Anteil an seinem Mietshaus hat, das für die nächsten Generationen in der Familie bleiben soll. Doch in einem Testament, das der Vater vor Jahren errichtet hat, ist der Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Stirbt nun zunächst der Vater und dann der Sohn, geht die Immobilie zunächst an den Sohn und dann an die Schwiegertochter.
Gegen solche unerwünschten Folgen hilft ein sogenannter Testaments-TÜV: Jedes einmal errichtete Testament sollte mindestens alle fünf Jahre geprüft werden, ob es noch den Vorstellungen und Lebens-umständen des Erblassers entspricht oder ob es entsprechend geändert werden muss. Mit Hilfe eines Fachmanns für Erbrecht wird der Vater in obigem Beispiel etwa feststellen, dass sein Testament überarbeitet werden sollte. Statt den Sohn zum Alleinerben einzusetzen, kann er anordnen, dass sein Sohn nur Vorerbe wird und die Enkelkinder seine Nacherben sind. Damit bleibt die Schwiegertochter außen vor.
Überprüfung nach gesetzlichen Änderungen
Auch Gesetzesänderungen können Grund für einen Testaments-TÜV sein. So sieht etwa die neue EU-Erbrechtsverordnung, die 2015 in Kraft tritt, vor, dass bei Nachlassfällen künftig das Erbrecht des Landes zur Anwendung kommt, in dem der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte. Dies hat zum Beispiel zur Folge, dass auf den Erbfall eines deutschen Rentners, der seinen Lebensabend auf Mallorca verbringt, spanisches Erbrecht angewandt wird.
Vermeiden können Erblasser dies, indem sie in ihrem Testament explizit die Anwendung von deutschem Erbrecht wählen. Wer also bereits ein Testament errichtet hat, sollte dieses prüfen und dann vorsorglich um die Rechtswahlklausel ergänzen.
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